Ausblick auf die Dresdner Innenstadt

Nazinotstand? – Grundsatzerklärung zum Gegenwirken antidemokratischer, antipluralistischer, menschenfeindlicher und rechtsextremistischer Entwicklungen in der Dresdner Stadtgesellschaft – Stärkung der Zivilgesellschaft

ANTRAG – Interfraktionell:
Stadtrat Max Aschenbach
SPD-Fraktion
Stadträtin Manuela Graul
Stadtrat Dr. Martin Schulte-Wissermann
Fraktion DIE LINKE.

Beschlussvorschlag:

1. Der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden stellt mit Besorgnis fest, dass antidemokratische, antipluralistische, menschenfeindliche und rechtsextremistische Einstellungen und Taten bis hin zu Gewalt in Dresden immer stärker offen zu Tage treten. Ein bedenklich großer Teil der Stadtgesellschaft steht nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

2. Der Stadtrat erklärt für die 7. Wahlperiode 2019-2024 daher parteiübergreifend einen besonderen Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Stärkung einer demokratischen Alltagskultur, den Schutz von Minderheiten, der Menschenrechte und Opfern von rechter Gewalt sowie das Engagement gegen Ursachen und Folgen von Antisemitismus, Rassismus und extreme Rechte¹ zu legen und das Vertrauen in demokratische Institutionen und die Wertschätzung von Vielfalt und eines respektvollen solidarischen Miteinanders wieder zu stärken

Gemeinsam mit der Zivilgesellschaft werden wir eine Demokratie-und Beteiligungsoffensive entwickeln, um das Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen und so eine weitere Verankerung von Rechtsradikalen in unserer Stadtgesellschaft aufzuhalten.³

Dort wo die Gleichwertigkeit aller Menschen bestritten wird, stellen sich die Stadt Dresden und der Stadtrat ohne zu zögern schützend vor die Bedrohten.

Um Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen, sollen gemeinsam mit dem Oberbürgermeister alle Anstrengungen unternommen werden, die die Stadtverwaltung in die Lage versetzen, sich den täglichen praktischen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger tatkräftig zu widmen.¹

Wir verstehen die Bürgerinnen und Bürger – und zwar alle, die in Dresden leben – als unsere Partner, beziehen sie aktiv ein, finden Formen in denen sich Jede und Jeder unabhängig von Alter, Bildungsgrad, Beruf, Herkunft oder finanzieller Lage beteiligen kann. Vorrang hat die Unterstützung der Eigeninitiative der Bürgerinnen und Bürger.¹

Die Gleichwertigkeit aller Menschen ist das Leitmotiv unseres Handelns. Hierfür übernehmen die Stadträtinnen und Stadträte aller Fraktionen Verantwortung. Schwierigkeiten und Herausforderungen werden wir breit diskutieren und gemeinsam angehen.¹

Wir schaffen eine neue Kultur des Miteinanders auf der Basis von gemeinsamem Respekt, der Achtung von Menschenwürde, Weltoffenheit und der Wertschätzung von Verschiedenheit, um in einer vielfältigen Gesellschaft gut miteinander auszukommen.² Dafür setzen wir die Maßnahmen unseres Lokalen Handlungsprogramms „Wir entfalten Demokratie“ zügig um.

Mit der verstärkten Hinwendung zu unseren Gemeingütern, der Verantwortungsübernahme für die öffentliche, kommunale Infrastruktur, auch durch Re- Kommunalisierungen gewinnen wir das Vertrauen der Dresdnerinnen und Dresdner zu-rück, die heute glauben, Rechtsextremisten und Antidemokraten hätten Antworten auf die Herausforderungen unserer modernen, digitalen und globalen Gesellschaft.4

Vor dem Hintergrund der Vorbildfunktion gewählter Repräsentanten reflektieren die Stadträtinnen und Stadträte und die Fraktionen kritisch die eigene politische Praxis auf mögliche Ursachen, welche den miserablen Ruf des Stadtrats begründet haben könnten und dem Vertrauen in die Demokratie abträglich sind.

Dresden verdankt seinen heutigen Glanz und Wohlstand einer Jahrhunderte alten Tradition des interkulturellen Austauschs, der Aufbauleistung der Menschen nach dem zweiten Weltkrieg unter den Bedingungen der SED-Diktatur und insbesondere der nunmehr 30-jährigen Periode in Frieden, Freiheit, europäischer Einheit und Demokratie. Diese zu verteidigen heißt für uns, der Angst vor Statusverlust, Zukunftsunsicherheit und einer wachsenden Kluft zwischen arm und reich5 etwas entgegenzusetzen:

  • eine klare Priorität bei den kommunalen Ausgaben für Bildung und die gezielte Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Lernschwierigkeiten und Kindern aus sogenannten bildungsfernen Familien;
  • eine Stadt, die ein öffentlicher Platz und ein Forum ist, wo Menschen sich begegnen, ins Gespräch kommen und einander unterstützen;
  • eine engagierte Bürgerschaft und zivilgesellschaftliche Bündnisse, die sich aktiv für Menschenrechte einsetzen, Benachteiligte unterstützen, in der Nachbarschaft aktiv sind und sich um ein demokratisches Gemeinwesen kümmern und die von der Stadt organisatorisch, finanziell und wertschätzend unterstützt werden;
  • eine Stadt, in der Opfer rechter Gewalt jede Hilfe erhalten und in der die Landesbehörden mit allen Mitteln des Rechtsstaates konsequent Täterinnen und Täter verfolgen;
  • eine Stadt, die die Verbreitung von antidemokratischen, antipluralistischen, menschenfeindlichen und rechtsextremistischen Einstellungen auf ihren zentralen Plätzen nicht weiter unwidersprochen zulässt;
  • eine Stadt, die alle möglichen Mittel einsetzt für einen Ausbau außerschulischer politischer und kultureller Bildung und die beim Freistaat für eine konsequente Ausweitung dieser Felder in der schulischen Bildung kämpft.
  • eine Stadt, die sich der unverzichtbaren Bedeutung von Kunst und Kunstschaffenden für den gesellschaftlichen Diskurs bewusst ist und alle möglichen Mittel einsetzt diese ideell und materiell zu fördern.

¹ Unter Bezugnahme auf die Festschrift „Was ist gute Kommunalpolitik?“ der Amadeu Antonio Stiftung, Freudenberg Stiftung, Sebastian Cobler Stiftung, Stiftung Element der Begeisterung zur Verleihung des Sächsischen Förderpreises für Demokratie 2015.

² Unter Bezugnahme auf das Grußwort des Oberbürgermeisters, Dirk Hilbert, zum Lokalen Handlungsprogramm für ein vielfältiges und weltoffenes Dresden 2017 bis 2020 „Wir entfalten Demokratie“, vom Stadtrat beschlossen 2017.

³ Unter Bezugnahme auf Timo Reinfrank, Geschäfsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

4 Unter Bezugnahme auf Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Mai 2019.
5 Unter Bezugnahme auf Bundeszentrale für politische Bildung (2017): Das Syndrom des Populismus. Von Prof. Dr. Karin Priester.

Beratungsfolge:

Ältestenrat 09.09.2019 nicht öffentlich beratend
Dienstberatung des Oberbürgermeisters 17.09.2019 nicht öffentlich beratend
Ausschuss für Allgemeine Verwaltung, Ordnung und Sicherheit (Eigenbetrieb IT-Dienstleistungen) 17.09.2019 nicht öffentlich 1. Lesung (federführend)
Ausschuss für Allgemeine Verwaltung, Ordnung und Sicherheit (Eigenbetrieb IT-Dienstleistungen) 30.09.2019 nicht öffentlich beratend (federführend)
Stadtrat 30.10.2019 öffentlich beschließend

 

Begründung:

Max Aschenbach
Stadtrat

Dana Frohwieser
SPD-Fraktion

Dr. Martin Schulte-Wissermann
Stadtrat

Manuela Graul
Stadträtin

André Schollbach
Fraktion DIE LINKE.

 

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