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Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat bekennt sich zum Wiederaufbau des sogenannten Narrenhäusel. Zu diesem Zweck wird der Oberbürgermeister beauftragt,
- die Grundstücke- und Grundstücksteile auf denen sich das sogenannte Narrenhäusel befand, für den Zeitraum von 60 Jahren zum Verkauf auszuschreiben.
- Es ist sicherzustellen, dass der Käufer das Narrenhäusel in seiner äußeren Gestalt wie vor der Zerstörung wiederaufbaut.
Beratungsfolge
Dienstberatung des Oberbürgermeisters | nicht öffentlich | beratend | |
Ältestenrat | 02.11.2015 | nicht öffentlich | beratend |
Ausschuss für Finanzen und Liegenschaften (Eigenbetrieb Stadtentwässerung) | öffentlich | 1. Lesung (federführend) | |
Ausschuss für Stadtentwicklung und Bau | öffentlich | beratend | |
Ausschuss für Finanzen und Liegenschaften (Eigenbetrieb Stadtentwässerung) | öffentlich | beratend (federführend) | |
Stadtrat | öffentlich | beschließend |
Begründung:
Das nach Hofnarr Joseph Fröhlich benannte Narrenhäusel ist tief im Bewusstsein der Dresdner Bürgerschaft verankert.
Hofnarr Joseph Fröhlich wurde 1694 in Altaussee in der Steiermark geboren und gehörte zu den schillerndsten Persönlichkeiten des Augusteischen Zeitalters am Dresdner Hof. 1727 wurde er in Dresden sesshaft und in das Gefolge August des Starken, später auch seines Sohnes aufgenommen, wo er mit seinem Widersacher, dem Narren Gottfried „Baron“ Schmiedel, allerlei Späße trieb. Seine Bekanntheit spiegelt sich nicht nur in den vielen Darstellungen seiner Person wider, sondern blieb sowohl durch die Genialität seiner Späße, als auch der Mildtätigkeit gegenüber der armen Bevölkerung im Volke erhalten.
Nachdem man das Wohnhaus von Fröhlich bereits Anfang des 19. Jahrhunderts um ein Stockwerk erhöht und mit einem flachen Walmdach versehen hatte, erfolgte im Rahmen der Elbufersanierung 1935/1936 auch eine grundlegende Sanierung des Gebäudes. Die angebrachten Fensterläden formten das Gebäude im Sinne des damaligen Heimatstils um. Das Narrenhäusel entwickelte sich, auch auf Grund der großartigen Aussicht auf die Altstadtsilhouette, zu einem der beliebtesten Dresdner Ausflugslokale. Im Volksmund erhielt es den Name „Die Brille“ oder „Narrenhäusel“.
Nach den Bombenangriffen im Februar 1945 stand es ausgebrannt aber in seinen Grundmauern vollständig erhalten da. Als erster Architekturwettbewerb in Dresden wurde im Januar 1946 ein Wettbewerb zu einem Hotelneubau am Neustädter Ufer ausgeschrieben. Man stellte den Teilnehmern frei, das „Narrenhäusl“ zu erhalten und in die Planungen einzubeziehen.
Angesichts der Überlegung die Ruine des Narrenhäusels abzureißen, warnte der damalige Leiter des städtischen Denkmalpflegeamtes Richard Konwiarz, dass der Neustädter Seite etwas Wesentliches fehlen würde. „Stadtgeschichtliche und baugeschichtliche Erwägungen dürften für eine Erhaltung des Narrenhäusels sprechen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass es Fälle in der städtebaulichen Praxis gegeben hat, wo man rasch beseitigte Brückenkopfbauten nach einiger Zeit wieder errichtet hat, weil man ihre belebende Wirkung im Stadtbild empfand.“ [1]
Das Narrenhäusel wurde 1950 abgerissen. Vor dem Abriss wurden ein Stein der alten Augustusbrücke von 1863 und einige Gitter geborgen. Sie stellen mit dem Stadtwappen des Narrenhäusels, welches bereits 1947 demontiert wurde, und neben den wahrscheinlich noch vorhandenen Fundamenten die einzigen originalen Zeugnisse dar. Heute befindet sich in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Standortes das Gartenrestaurant „Augustusgarten“. Die Dokumentationslage für eine Wiedererrichtung des Narrenhäusels ist ausreichend.
Bereits 2012 wurde durch das Stadtplanungsamt und die GHND mit über 60 Studenten der Technischen Universität Dortmund und des Institutes für Stadtbaukunst unter Leitung von Prof. Christoph Mäckler Untersuchungen zum Neustädter Markt durchgeführt. Die Studenten kamen in ihren Masterarbeiten überwiegend zu dem Schluss, es sei wichtig, eine städtebauliche Abstufung an der Stelle des ehemaligen Narrenhäusel in der Blickachse der Altstadt zu haben und bekräftigten damit indirekt die Aussage des ehemaligen Leiters der Dresdner Denkmalpflege Richard Konwiarz vor fast 70 Jahren.
Nach 60 Jahren, soll das Eigentum an den Grundstücken per Rückauflassungsvormerkung automatisch kostenfrei zurück an die Landeshauptstadt Dresden fallen.
[1] Matthias Lerm, Abschied vom Alten Dresden, S. 77, Hinstorff Verlag, 2001