Ein modelliertes Messer steckt im Boden auf der Wiese vor dem Landgericht Dresden. Es ist Nacht.

Ehrung des Andenkens an Marwa El-Sherbini

ANTRAG – Interfraktionell:
SPD-Fraktion
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Fraktion DIE LINKE.

Aktueller Stand im Ratsinfosystem

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Park vor dem Dresdner Landgericht (zwischen Lothringer Straße, Florian-Geyer-Straße, Sachsenallee und Ziegelstraße) als „Marwa El-Sherbini-Park“ zu benennen.

Beratungsfolge

Ältestenrat
nicht öffentlich
beratend

Dienstberatung des Oberbürgermeisters
nicht öffentlich
beratend

Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften
nicht öffentlich
1. Lesung (federführend)

Stadtbezirksbeirat Altstadt
öffentlich
beratend

Integrations- und Ausländerbeirat
öffentlich
beratend

Ausschuss für Umwelt und Kommunalwirtschaft (Eigenbetrieb Friedhofs- und Bestattungswesen sowie Eigenbetrieb Stadtentwässerung)
nicht öffentlich
beratend

Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften
nicht öffentlich
beratend (federführend)

Stadtrat
öffentlich
beschließend

Begründung:

Marwa El-Sherbini wurde 1977 in der ägyptischen Stadt Alexandria geboren. Sie war Schulsprecherin am English Girls College und war von 1992 bis 1999 Mitglied der Handballnationalmannschaft. In ihrer Heimat studierte sie Pharmazie und kam 2005 gemeinsam mit ihrem Mann, dem Biologen Elwy Ali Okaz, nach Deutschland. Seit 2008 lebte die Familie in Dresden, wo Marwa El-Sherbini in einer Apotheke arbeitete.

Im August 2008 wurde Marwa El-Sherbini von ihrem späteren Mörder auf einem Dresdner Spielplatz als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft. Nach einer Anzeige bei der Polizei kam es am 1. Juli 2009 zur Gerichtsverhandlung im Dresdner Landgericht, bei der die schwangere Marwa
El-Sherbini als Zeugin aussagen sollte. Als sie den Gerichtssaal verlassen wollte, tötete sie der Angeklagte Alex Wiens mit zahlreichen Messerstichen und verletzte auch ihren Mann schwer. Der dreijährige Sohn wurde Zeuge, wie seine Mutter verblutete. Der Täter wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt; die besondere Schwere der Schuld wurde festgestellt.

In der Zeit nach dem Mord an Marwa El-Sherbini, der auch international Aufsehen erregte, steigerten sich einerseits Bemühungen, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit etwas entgegen zu stellen – Dresden erarbeitete das erste lokale Handlungsprogramm zur Stärkung zivilgesellschaftlichen Engagements – gleichzeitig hatten gerade Frauen mit Kopftuch zunehmend Angst vor und Erfahrungen mit Anfeindungen und Übergriffen. Der Name Marwa El-Sherbinis steht als trauriger Höhepunkt fremdenfeindlicher Übergriffe.

Marwa El-Sherbini ist nicht das einzige Opfer fremdenfeindlicher Gewalt in Dresden: Bereits im April 1991 kam der mosambikanische Vertragsarbeiter Jorge Gomondai in Folge eines fremdenfeindlichen Übergriffs zu Tode.

Dem fremdenfeindlich motivierten Mord an Marwa El-Sherbini wird am 1. Juli eines jeden Jahres mit dem Ziel gedacht, ein Zeichen für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft zu setzen, in der niemand aufgrund von Herkunft, Religion und Aussehen diskriminiert oder angegriffen wird. Die Stadtverwaltung Dresden beteiligt sich seit 2009 am Vorbereitungskreis des Marwa El-Sherbini Gedenkens, dem verschiedene Einrichtungen und Vereine wie z. B. der Ausländerrat Dresden e. V. und der Johannstädter Kulturtreff angehören.

Im Oktober 2018 wurde in Bremen, wo Marwa El-Sherbini lebte, bevor sie nach Dresden kam, ein Platz nach ihr benannt. Dresden möchte seiner Verantwortung gerecht werden und ebenfalls einen Platz nach Marwa El-Sherbini benennen. Der Platz soll Ort der Mahnung und Erinnerung sein. Er soll auch daran erinnern, dass wir mehr Toleranz und mehr Akzeptanz im Umgang miteinander brauchen. Dresden darf sich ein Klima des Rassismus und der Vorurteile nicht leisten und Dresden darf das, was mit Marwa passiert ist, niemals vergessen. Das vermeintlich Fremde ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung. „Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.“ (Johann Wolfgang von Goethe, Westöstlicher Divan. Stuttgart, 1819). Die geeignete Form einer Informationstafel sowie deren mögliche künstlerische Gestaltung, beispielsweise von Dresdner SchülerInnen, soll mit ihren Angehörigen und dem Integrations- und Ausländerbeirat abgestimmt werden.

Marwa El-Sherbinis Tod jährt sich im Juli 2019 zum 10. Mal. Marwa El-Sherbini war schwanger, hinterließ einen Mann und ein Kind. Sie wurde nur 31 Jahre alt. Die Familie der Ermordeten begrüßt das Anliegen dieses Antrages ausdrücklich.

Die Ehrung des Andenkens an Marwa El-Sherbini ist ein jahrelanges Anliegen des Integrations- und Ausländerbeirates der Stadt Dresden, die Benennung eines Parks oder Platzes wird durch den Beirat befürwortet.

André Schollbach Fraktion DIE LINKE.

Christiane Filius-Jehne Fraktion Bündnis 90/ DIE GRÜNEN
Thomas Löser Fraktion Bündnis 90/ DIE GRÜNEN

Dana Frohwieser SPD Fraktion

 

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