Eine rötlich-braune Backsteinmauer mit breiten betonierten Fugen

Aufstellungsbeschluss zur Erhaltungssatzung H-49, Dresden-Trachau, Wilder Mann

ANTRAG – Interfraktionell:
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
SPD-Fraktion

Beschlussvorschlag:

  1. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften beschließt gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und § 4 der SächsGemO die Aufstellung einer Satzung zur Erhal- tung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets.
    Diese trägt die Bezeichnung: Erhaltungssatzung H-49, Dresden-Trachau, Wilder Mann.
  2. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften beschließt die Gren- zen des räumlichen Geltungsbereichs der Erhaltungssatzung entsprechend der Anlage 1 und 2.

Beratungsfolge:

  1. Ältestenrat (nicht öffentlich): beschließend
  2. Dienstberatung des Oberbürgermeisters (nicht öffentlich): zur Information
  3. Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften (nicht öffentlich): 1. Lesung (beschließendes Gremium)
  4. Stadtbezirksbeirat Pieschen (öffentlich): beratend
  5. Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften (öffentlich): beschließend

Begründung:

Beschreibung Geltungsbereich
Das unter Schutz zu stellende Gebiet trägt seinen Namen von der ehemaligen Gastwirtschaft „Wilder Mann“, die sich an der nördlichen Grenze zu Füßen der ehemaligen Weinhänge (sog. Wilder-Mann-Berg) an der Döbelner Straße befand. Es handelt sich um ein gründerzeitliches Villengebiet, welchen um 1900 entstand.

Die nördliche Grenze stellt der besagte Hang mit der Bebauung an der Döbelner Straße und Schützenhofstraße dar. Die Siedlung erstreckt sich dann südwärts zwischen Aachener Straße im Westen und der Dorothea-Erxleben-Straße im Osten bis zu Kopernikusstraße als südliche Grenze. An die gründerzeitlichen Einzelhausstrukturen (Villen) schließen westlich Siedlungsstrukturen der zwanziger und dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts an. Da es sich hier um sehr einheitliche und schützenswerte Siedlungsstrukturen handelt, sind diese als Sachgesamtheit nach Denkmalschutzrecht unter Schutz gestellt. Da sich im Westen, insbesondere an der Böttgerstraße auch gründerzeitliche Einzelhausstrukturen befinden, die auch vom Regelungsinhalt dieser Satzung erfasst werden sollen, kommt es zu einer Überlagerung der denkmalrechtlich geschützten Siedlungsbereiche mit dem geplanten Geltungsbereich dieser Satzung.

Erfordernis zu Aufstellung der Satzung
Das als gründerzeitliches Villengebiet Wilder Mann weist eine große Geschlossenheit als Ensemble und eine hohe Qualität in der Gestaltung der Einzelgebäude auf. Die anspruchsvolle Gestaltung spiegelt sich auch im Umfeld der Gebäude, der Gartengestaltung, speziell der Vorgartenzonen, wieder. Vorgartenzonen mit Tor und Einfriedung bilden eine gestalterische Einheit mit dem Wohngebäude.
Dieses harmonische Ortsbild soll erhalten werden.

Die Unterschutzstellung betrifft vor allem den ortsbildprägenden Gebäudebestand, der nicht über Denkmalschutzrecht geschützt ist. Insbesondere Abbrüche von diesen Gebäuden sollen damit verhindert bzw. erst nach Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen und einer Prüfung (siehe Kapitel rechtliche Wirkung) genehmigt werden.

Weiterhin über diese Satzung zu schützen sind:

  • die bestehende, ensembleprägende Bebauungsstruktur mit dem jeweiligen Maßverhältnis zwischen den überbauten und unbebauten Grundstücksflächen
  • die Abstände zu benachbarten Gebäuden in ihrer Verhältnismäßigkeit des typischen Bestandes der Umgebungsbebauung
  • die überkommene First- und Traufhöhe sowie auflockernde, teilweise reichhaltige Fassadenelemente
  • das vorhandene Erscheinungsbild der Straßen, Plätze und Wege einschließlich ihrer Gestaltung, Ausstattung und Bepflanzung
  • die straßenzugewandten Grundstückseinfriedungen in ihrem überkommenen Charakter und ihrer Gestaltung
  • baumbestandenen Grundstücke und parkähnlichen Gartenanlagen als ortstypischer Standort einer Einzelhausbebauung und sonstige dem Gebietscharakter prägende Gartenanlagen mit Vor-, Seiten- und Hof- bzw. Hausgärten einschließlich ihrer Ausstattungselemente (z. B. Terrassen, Pergolen, Lauben, Freitreppen) sowie Bepflanzung
  • die charakteristische Ausformung des äußeren Erscheinungsbildes in seinen Anbindungen und Überleitungen zu umgebenen Strukturen
  • die besondere Eigenart der Villen bzw. Einzelhausbebauung mit ihren typischen ArchitekturelementenAus vorgenannten Gründen wird es als erforderlich angesehen, den Bereich des Villengebietes Wilder Mann (Geltungsbereich zeichnerische Darstellung Anlage 1) durch eine Satzung in seiner städtebaulichen Eigenart, in seiner Gesamtheit und in seinem Erscheinungsbild zu sichern und z. B. bauliche Anlagen und Ergänzungen als Entwicklung nur unter Rücksichtnahme auf vorhande- ne Strukturen und Werte zuzulassen.

    Rechtliche Wirkung
    Das planungsrechtliche Instrumentarium des § 34 Baugesetzbuch (BauGB) „Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauter Ortsteile“ stellt eine ungenügende Rechtsgrundlage für den Schutz erhaltenswerter Stadtbereiche dar. § 172 BauGB ermächtigt die Gemeinden zum Erlass von Erhaltungssatzungen, mit denen sie drei Erhaltungsziele verfolgen können:

  • die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB),
  • die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB),
  • den sozialverträglichen Ablauf einer städtebaulichen Umstrukturierung (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB).Somit steht grundsätzlich mit dem § 172 BauGB ein Rechtsinstrument zur Verfügung, das zur Bewältigung der sich aus Erhaltung, Pflege und Modernisierung des Gebäudebestandes ergebenen Entwicklungen beitragen kann. Für den in Anlage 1 gekennzeichneten Gebietsumgriff „Dresden-Trachau, Wilder Mann“ ist § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB einschlägig. Der genaue Umgriff ist aus dem beiliegenden Lageplan (Anlage 2) ersichtlich.

    Eine Erhaltungssatzung grenzt sich zum Denkmalschutzrecht dahingehend ab, dass inhaltlich nicht die historischen, kunst-, kultur-, architektur- oder sozialgeschichtlichen Ereignisse und Epochen im Vordergrund stehen, sondern die städtebauliche Gestalt. Diese städtebauliche Eigenart wird wesentlich durch das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild geprägt. Demnach ist es planerisches Ziel dieser Erhaltungssatzung die städtebauliche Eigenart eines Gebiets aufgrund seiner stadträumlichen Gestalt zu erhalten und erhaltenswerte stadtbildprägende Bereiche zu schützen. Erneuerungen, Ergänzungen, bauliche Veränderungen und Neubauten müssen diesen Parametern gerecht werden. Gleichzeitig können städtebaulich nachteilige Vorhaben, wenn sie allein oder im Ensemble das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägen, verhindert werden.

    Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB bedürfen der Abbruch („Rückbau“), die Änderung, die Nutzungsänderung oder die Errichtung baulicher Anlagen einer Genehmigung. Dabei wird anhand der Erhaltungsziele geprüft, ob die Maßnahme zulässig ist. Ist der Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungssatzung gefasst und ortsüblich bekannt gemacht, so kann gemäß § 172 Abs. 3 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 BauGB eine befristete Zurückstellung von Baugesuchen erfolgen. Die Genehmigungsbehörde wird somit ermächtigt, wenn zu befürchten ist, dass dieses Vorhaben den Zielsetzungen entgegensteht, die Entscheidung über die Zulässigkeit für bis zu 12 Monaten auszusetzen bzw. das Baugesuch zurückstellen. Bei Neubauvorhaben darf die Genehmigung nach § 172 Abs. 3 BauGB nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird.

    Die Genehmigung für die Errichtung baulicher Anlagen kann versagt werden, wenn zum Beispiel Merkmale oder Gestaltungselemente des Vorhabens die städtebauliche Gestalt des Erhaltungsgebiets beeinträchtigen. Führt die Versagung einer Genehmigung nach § 172 Abs. 3 BauGB zu einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Nutzung des Grundstücks, so kann der*die Eigentümer*in von der Gemeinde dessen Übernahme oder eine Entschädigung verlangen. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Nutzung ist jedoch objektbezogen, daher unabhängig von den persönlichen Verhältnissen zu prüfen. Im Allgemeinen ist die Nutzung eines Grundstücks unwirtschaftlich, wenn die erzielbaren Erträge nicht ausreichen, um die Kosten der Grundstücksbewirtschaftung zu decken. Diesen Nachweis der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Erhaltungsanforderungen muss der*die Eigentümer*in führen.

    Für eine Erhaltungsatzung werden gegenüber einem Bebauungsplan deutlich geringere Verfahrensanforderungen gestellt. Denn vom Gesetzgeber ist grundsätzlich keine Beteiligung der Bürger*innen und Träger öffentlicher Belange vorgesehen.

    Um die Erhaltungsziele bzw. städtebaulichen Vorgaben, die im gesamten Erhaltungsgebiet oder für ausgewählte Teilbereiche gebietsbezogen gelten sollen, mit ausreichender Bestimmtheit weiter festzulegen und zu differenzieren, werden vorbereitende Untersuchungen beauftragt. Im Hinblick auf eine öffentliche Transparenz ist angedacht, dass die Landeshauptstadt Dresden interessierte Bürger*innen über die Ergebnisse sowie die verschiedenen Inhalte im Rahmen einer Informationsveranstaltung und ggf. einer öffentlichen Auslegung analog eines Beteiligungsverfahrens bei einem Bebauungsplan unterrichtet. Auf dieser Grundlage könnten dann die nachfol- genden Schritte eingeleitet werden.

     

    Christiane Filius-Jehne & Tina Siebeneicher
    BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

    Dana Frohwieser
    SPD-Fraktion

     

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