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Kommunalen Einfluss bei Quartiersentwicklung „Alter Leipziger Bahnhof“ sicherstellen

ANTRAG
SPD-Fraktion

 

Beschlussvorschlag:

  1. Der Stadtrat bekennt sich dazu, im Sinne eines sozial durchmischten und nachhaltigen Ansatzes auch kommunalen Einfluss – durch die kommunale Planungshoheit, mittels städtischer Unternehmen, aber auch durch die Landeshauptstadt als Flächeneigentümerin selbst – auf die Flächenentwicklung auf dem Gebiet des Alten Leipziger Bahnhofs auszuüben.
  2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit den Flächeneigentümer:innen im Gebietsumgriff des Alten Leipziger Bahnhofs (begrenzt durch Erfurter Str., Leipziger Str., Eisenbahnstr., Bahntrasse) in Gespräche einzutreten, um den Erwerb von Teilflächen durch die Landeshauptstadt Dresden voranzutreiben. Damit ist vor allem die im Stadtratsbeschluss A0442/18 geforderte Schaffung einer „hohen Zahl an preisgünstigen, familienfreundlichen und behindertengerechten Wohnungen“ im Umfeld des Alten Leipziger Bahnhofs durch die kommunale WiD sicherzustellen. Weiterhin sind aber auch andere notwendige Flächenbedarfe z.B. für Baugemeinschaften (Erfüllung Stadtratsbeschluss A0736/13), vorgesehene Gemeinbedarfe, öffentliche Aufenthaltsflächen, kulturelle Nutzungen und Grünflächen einzubeziehen. Hiermit soll auch die tatsächliche Erfüllung der in der kooperativen Quartiersentwicklung entwickelten Zielstellungen sichergestellt werden. Über den Fortgang entsprechender Gespräche ist dem Stadtrat mindestens halbjährlich zu berichten. Die Finanzierung erfolgt über Mittel für den strategischen Grundstückserwerb der Landeshauptstadt.
  3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob der Erwerb von Teilflächen durch die Landeshauptstadt Dresden auch einem revolvierenden Grundstücksfonds dienen kann, der im Rahmen der weiteren Gebietsentwicklung durch Grundstückverkäufe bzw. Erbbaupacht wieder Einnahmen für die Landeshauptstadt generiert (Vgl. Punkt 7.2. des Strategischen Flächenerwerbs- und Entwicklungskonzept der Landeshauptstadt Dresden, V1163/21).

 

Begründung:

Das Gebiet des Alten Leipziger Bahnhofs zwischen Eisenbahnstraße, Leipziger Straße, Erfurter Straße und der angrenzenden Bahnstrecke ist eines der größten Stadtentwicklungsgebiete in Dresden. Aufgrund seiner zentralen Lage zwischen den dicht besiedelten Stadtteilen Pieschen und Neustadt ergeben sich eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzungsansprüche. Zugleich befindet sich das Areal derzeit vollständig in privater Hand. Bisher wurden durch die Stadtverwaltung keine öffentlich vernehmbaren Schritte unternommen, um den Erwerb von Flächen durch die Landeshauptstadt Dresden selbst voranzutreiben. Nur die zu über 80 Prozent städtische Sachsen-Energie soll im Wege eines Grundstückstauschs Teilflächen im Areal des einst vorgesehenen Globus-Marktes erwerben. Dies kann zweifelsohne ein Beitrag zur Ermöglichung verschiedener Nutzungen leisten, doch verweisen auch kommunale Unternehmen regelmäßig auf ihre eigenen wirtschaftlichen Zielsetzungen. Es erscheint höchst zweifelhaft, ob die gewünschte Entwicklung des Areals nur über die städtische Einflussnahme im Planungsprozess und die Sachsen-Energie sichergestellt werden kann. Daher soll der Oberbürgermeister beauftragt werden, in Gespräche über einen teilweisen Flächenerwerb durch die Stadt zu treten.

Ein solcher Flächenerwerb sollte vor allem dazu dienen, vom Stadtrat beschlossene Zielstellungen zur Entwicklung des Gebiets auch tatsächlich umzusetzen. So beschloss der Stadtrat im Juni 2018 das Umfeld des Alten Leipziger Bahnhofs zu „einem Standort mit einer hohen Zahl an preisgünstigen, familienfreundlichen und behindertengerechten Wohnungen“ entwickeln zu wollen. Wie dieses Ziel bei den jetzigen Eigentumsverhältnissen in absehbarer Zeit erreicht werden soll, ist unklar. Da eine Entwicklung des Gesamtgebiets in mehreren kleineren Bebauungsplänen zu erwarten ist, dürfte das kooperative Baulandmodell der Landeshauptstadt nur zu einem Anteil belegungsgebundener Wohnungen (Sozialwohnungen) von etwa 20 bis 25 Prozent führen. Im weiteren Wohnungsbestand sind die üblichen Neubaumieten zu erwarten. Um einen höheren Anteil günstiger Wohnungen zu erreichen, braucht es Flächen in kommunaler Hand. Diese könnten dann zur Weiterentwicklung an die städtische Wohnungsbaugesellschaft WiD übertragen werden. Damit könnte auch eine Beschleunigung der Realisierung einhergehen, da die WiD im Gegensatz zu einigen bisherigen Flächeneigentümer:innen auch tatsächlich originäres Interesse am Wohnungsneubau hat.

Neben der Schaffung von günstigen Wohnungen gibt es im Areal aber auch andere Flächenbedarfe, die durch einen städtischen Flächenerwerb ermöglicht bzw. gesichert werden könnten. Dazu gehören kulturelle (Bestands-)Nutzungen, Gemeinbedarfsflächen aller Art, öffentliche Aufenthaltsflächen, Grünareale und Flächen für Baugemeinschaften. Obwohl letztere einen wichtigen Beitrag zu einer lebendigen und durchmischten Nachbarschaft leisten können, fehlen der Landeshauptstadt derzeit Flächen, um ihre Ziele bei der jährlichen Ausschreibung von Grundstücken zu erfüllen. Zugleich ist offensichtlich, dass viele der anderen genannten Nutzungen insbesondere in der Neustadt zunehmend an teuren Mieten und konkurrierenden Nutzungsinteressen scheitern. Private Investor:innen haben oftmals kein Interesse an sozialen Orten für junge Leute in der Nachbarschaft. Daher braucht es die Entschlossenheit, konkrete Flächen durch die Stadt für diese Zwecke zur Verfügung zu stellen bzw. zu kaufen. Das Areal des Alten Leipziger Bahnhofs könnte eine Chance sein, solchen Nutzungen Platz zu bieten. Mit dem möglichen Erwerb von Teilflächen durch die Stadt werden somit auch die in der kooperativen Quartiersentwicklung entwickelten Zielstellungen abgesichert. So bietet ein kommunaler Flächenanteil z.B. erweiterte Möglichkeiten, das Ziel eines klimaneutralen Stadtteils auch in die Realität umzusetzen.

Da sich die Entwicklung des Areals Alter Leipziger Bahnhof noch in einem vergleichsweise frühen Stadium befindet, sollte geprüft werden, ob sich Teilflächen für die Einlage in einem revolvierenden Grundstücksfonds eignen. Dieses im Flächenerwerbs- und Entwicklungskonzept vorgesehene Instrument beinhaltet den Ankauf von Entwicklungsflächen durch die Stadt, die anschließende Herstellung von Baurecht und die anschließende Generierung von Einnahmen durch Weiterverkauf oder Erbbaupacht. Andere Städte insbesondere in Süddeutschland zeigen, dass dieses Instrument für Kommunen finanziell lohnend sein kann und weitergehende Einflussmöglichkeiten auf die Gebietsentwicklung bietet. Es ist aber kein Ersatz für den im Beschlusspunkt 2 genannten dauerhaften Flächenerwerb durch die Stadt.

Dana Frohwieser
Vorsitzende SPD-Fraktion

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